Freitag, 11. Dezember 2009

von Dietrich Bonhoeffer

Zucht.


Ziehst Du aus, die Freiheit zu suchen, so lerne vor allem

Zucht der Sinne und deiner Seele, daß die Begierden

und deine Glieder dich nicht bald hierhin, bald dorthin führen.

Keusch sei dein Geist und dein Leib, gänzlich dir selbst unterworfen,

und gehorsam, das Ziel zu suchen, das ihm gesetzt ist.

Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit, es sei denn durch Zucht.



Tat.

Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen,

nicht im Möglichen schweben, das Wirkliche tapfer ergreifen,

nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit.

Tritt aus ängstlichem Zögern heraus in den Sturm des Geschehens,

nur von Gottes Gebot und deinem Glauben getragen,

und die Freiheit wird deinen Geist jauchzend empfangen.



Leiden.

Wunderbare Verwandlung. Die starken, tätigen Hände

sind dir gebunden. Ohnmächtig, einsam siehst du das Ende

deiner Tat. Doch atmest du auf und legst das Rechte

still und getrost in stärkere Hand und gibst dich zufrieden.

Nur einen Augenblick berührtest du selig die Freiheit,

dann übergabst du sie Gott, damit er sie herrlich vollende.



Tod.

Komm nun, höchstes Fest auf dem Wege zur ewigen Freiheit,

Tod, leg nieder beschwerliche Ketten und Mauern

unsres vergänglichen Leibes und unsrer verblendeten Seele,

daß wir endlich erblicken, was hier uns zu sehen missgönnt ist.

Freiheit, dich suchten wir lange in Zucht und in Tat und in Leiden.

Sterbend erkennen wir nun im Angesicht Gottes dich selbst.

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